Ähnlich wie bei der benachbarten Rischmühle ist von der Maschinenfabrik Wilhelm Wiegand nicht mehr viel erhalten. Während von jener nur das Wohnhaus des Müllers stehen blieb, ist es von der Maschinenfabrik vor allem der Verwaltungsbau, der ins Auge fällt. Der gelbe, repräsentative Klinkerbau steht zurückgesetzt an der Leipziger Straße, weitere Reste der Fabrik, die im Sixit-Vorwerk entstand, finden sich im Areal „Am Saalehang“.
Wilhelm Wiegand (1881-1951) stammte aus einer Familie mit immer neuen Betätigungsfeldern, wie Kurt Stahlberg in einem Artikel zum „Werden und Vergehen“ der Merseburger Industriebetriebe nachgezeichnet hat (Merseburg einst und jetzt 8/2001). Der Urgroßvater Valentin Wiegand kam um 1800 als Kupferschmied nach Merseburg, der Großvater August betrieb eine Gerberei in der Ölgrube, Wilhelms Vater Otto eine Lederfabrik. Beim Versuch, den Verdampfungsapparat der Lederfabrik zu verbessern, war Wilhelm so erfolgreich, dass er 1908 das Patent anmeldete und 1920 eine GmbH gründete. Er blieb aber weiter Leiter der Ingenieurabteilung der Lederfabrik und knüpfte Kontakte zu Blancke. Im Jahr 1929 entstand die „Wilhelm Wiegand Maschinenfabrik KG“. Ähnlich wie Blancke gelang es auch Wiegand binnen weniger Jahre zu Weltruhm aufzusteigen, was auch daran lag, dass er die Palette stetig erweiterte. Hintergrund des schnellen Aufstiegs war aber zudem, dass er Teile der Konkursmasse Blanckes übernehmen konnte und so auch an wichtige Unterlagen und neue gut ausgebildete Mitarbeiter gelangte.
Wichtiger Absatzmarkt für Wiegand war von Anfang an die Sowjetunion, weshalb auch nach dem Zweiten Weltkrieg der Fortbestand gesichert war. Anfangs wurde sie sogar in Privathand zurückgegeben, doch nach dem Tod Wilhelm Wiegands wurde die Fabrik schrittweise (1961, 1972) verstaatlicht. Bis dahin hatte man über 1.000 Verdampferanlagen allein in die Sowjetunion geliefert, nun erfolgte eine Hinwendung zu Chemieanlagen.
Der Name änderte sich auch deshalb seit dem Zweiten Weltkrieg des Öfteren und so war es der VEB Apparatebau (als Teil des VEB CHEMA Rudisleben), der VEB IMO Merseburg, die Apparatebau Merseburg GmbH, die Anlagen- und Apparatebau GmbH, und die ANA Verfahrenstechnik GmbH (Teil der AEL Apparatebau GmbH Leisnig). Die ANA Prozesstechnik GmbH fand im November 2010 in der Herrfurthstraße ihre neue Heimat. Auch der gelbe Backsteinbau wird von wechselnden Firmen wie dem Computerhandel Grossmann oder der Autovermietung Hertz als Standort genutzt.