Die St. Sixtikirche war stets der Stolz der Stadt Merseburg. Ihre Lage auf dem Sixtihügel, noch gesteigert durch eine irrwitzig hohe Turmhaube, die 1454 aufgesetzt wurde und höher war als der Turm selbst sowie das als schönstes Geläut der Stadt geltende aus drei Glocken bestehende Glockenspiel waren dafür die Hauptgründe. Während die Stadtkirche St. Maximi mit ihrem schlichten Westquerturm wenig hermachte, war dieser Sakralbau, der zur Pfarrkirche eines eigenes Viertels wurde, eine wichtige Landmarke Merseburgs.
Wie der erste Bau an dieser Stelle aussah, ist der Fantasie überlassen, doch da er bereits im Jahr 1045 vom Merseburger Bischof Hunold angegangen wurde, handelte es sich entweder um eine Holzkirche oder aber um einen romanischen Bau. Ein weitgehender Neubau erfolgte um 1250 unter Bischof Heinrich (v. Wahren), doch nach einer Erweiterung des Gotteshauses in der Zeit um das Jahr 1500 kam die Reformation. Da die Sixtikirche neben ihrer Funktion als Pfarrkirche des Sixtiviertels im Jahr 1283 auch Stiftskirche geworden war, wurde dieses Stift aufgehoben und die Kollegiatstiftsmitglieder zogen in die Domfreiheit um, wo sie eine eigene Domkurie erhielten. Zudem wurde zuvor (ab dem Jahr 1563) auch kein Pfarrer mehr bestellt, so dass das mächtige Bauwerk, nach dem gleich drei Straßen im Umfeld benannt waren, verwaiste.
Das Glockenspiel wurde aber weiter geläutet, insbesondere, nachdem das Glockenläuten in der Kirche St. Maximi zur Gefahr für deren romanischen Kirchturm wurde. Die Orgel wurde 1565 in die Stadtkirche gebracht und dort noch 157 Jahre lang genutzt, der Altar kam im Jahr 1611 in die gegenüber liegende Gottesackerkirche und später ebenfalls in die Stadtkirche. Der Friedhof wurde fortan für jene Tote benutzt, die man aus verschiedenen Gründen nicht auf den offiziellen Friedhöfen beerdigen wollte. Neben Selbstmördern, Verbrechern, Andersgläubigen und unehelichen Kindern galt das auch für die Soldaten der Schlacht von Roßbach (1757), die verwundet nach Merseburg gebracht worden waren und hier verstarben. Die hohe Haube wurde häufig von Blitzen heimgesucht, so dass immer wieder größeres Unheil vermieden werden und danach der Schaden repariert werden musste. Dies ist für zahlreiche Jahre belegt, etwa für 1697, 1753, 1768, 1845 oder auch 1865.
In der Zeit der Merseburger Herzöge gab es mehrere Versuche, die Kirche wiederaufzubauen, doch scheiterten diese am frühen Tod von Christian II. von Sachsen-Merseburg (reg. 1691-1694) beziehungsweise an Geldmangel und fehlendem Interesse seines Sohnes Moritz Wilhelm, der das von seiner Mutter 1711 wieder aufgenommene Unterfangen des Wiederaufbaus offenbar nicht hinreichend unterstützte und den Baumeister Albert Friedrich Gast ratlos aufgeben ließ.
Nach dem verheerenden Brand durch den Blitzeinschlag von 1845, der auch die Glocken einschmolz, gab es viele Diskussionen darüber, welche der beiden Kirchen nun die Stadtkirche sein sollte, denn das Glockenspiel der St. Maximi war ebenfalls unbrauchbar geworden, ab 1814 nur noch mit einem Anschlaghammer zu bedienen, da der Turm Risse bekam. Selbst das hatte man aber einstellen müssen und sich auf das Geläut von St. Sixti verlassen, das seit so vielen Jahrhunderten die wichtigen Ereignisse (Beerdigungen der Herzöge von Sachsen-Merseburg, 10-Tage-Trauer beim Tod von Friedrich Wilhelm I. genauso wie Gottesdienste) mit Glockenklang begleitet hatte. Da nun beide Kirchen kein Glockenspiel mehr besaßen, musste eine Entscheidung her, doch die fiel letztlich zu Ungunsten der St. Sixti aus und so wurde deren Kirchenschiff als Garten (1849-1911) verpachtet.
Metalldiebstähle aus dem Schutt brachten die Idee, mit dem Verkauf des Metalls Geld zu sammeln, was aber erst 1854 und 1858 im größeren Stil umgesetzt wurde. 30 Zentner Metall kamen auf diesem Weg zusammen, der Großteil davon natürlich durch die Glockenreste. Auch diese Gelder führten aber nicht zum Wiederaufbau, genauso wenig der schwere Brand von St. Maximi im Jahr 1866. Erst als man 1887 den Bau der Wasserleitung beschloss und ein Hochreservoir auf dem Nulandtplatz geschaffen werden sollte, lenkte man das Augenmerk erfolgreich auf den Sixtiturm um. Der Ingenieur Walter Pfeffer erhielt die Oberleitung, der Architekt Hugo Wrede (beide aus Halle) entwarf den Plan. Trotz der enormen zu erwartenden Last von 775 Tonnen gelang es den Turm dahingehend anzupassen und als im Jahr 1888 Kaiser Friedrich III. starb, benannte man den Kirch- und Wasserturm ihm zu Ehren in „Kaiser-Friedrich-Turm“ um. Um dies zu dokumentieren, beauftragte man den Berliner Bildhauer Joseph Uphues (1850-1911) mit der Schaffung eines Reliefporträts aus Bronze. Zudem stellte man zwei flankierende Löwen auf. Das Denkmal geriet aber so hässlich, dass es nicht nur öffentlich vom Leiter der Staatlichen Denkmalpflege (Berlin) kritisiert wurde, sondern eine Sammlung für ein richtiges Standbild durchgeführt wurde, welches 1894 durch Emil Hundrieser (1846-1911) am Schulplatz realisiert wurde. Dort stand das mit Sockel über fünf Meter hohe Denkmal immerhin fast 50 Jahre, bis es 1943 demontiert und eingeschmolzen wurde. Auch das Denkmal an der Sixtikirche ist mittlerweile verschwunden, die Löwen sollen eingelagert sein.
Mit dem Ende der Gartennutzung im Jahr 1911 kam es zum Streit darüber, ob das Innere künftig Lagerplatz für Gerätschaften oder aber der Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Fortan wurde sie zum öffentlichen Raum, insbesondere ab dem Jahr 1922, in dem man (nach Plänen Friedrich Zollingers) die Kirche in einen Kinderspielplatz verwandelte. Pläne sie zur Stadthalle (1924/1925) zu machen, scheiterten ebenso wie eine Nutzung als Feierstätte der NSDAP (1937). Es gab so zahlreiche Nutzungskonzepte, das hier nur auf die beiden hervorragenden Artikel von Frau Renate Endler hingewiesen werden soll, die in der Zeitschrift „Merseburg einst und jetzt“ im Jahr 2006 (Nummern 15 & 16) erschienen sind. In den Jahren 1974 bis 1977 wurde die Kirchenruine schließlich zu einem Freilichtmuseum umfunktioniert, in dem sich zwei Jahrzehnte lang das Reiterdenkmal für Friedrich Wilhelm III. befand. So kann diese Kirche auf bald 1.000 Jahre Merseburger Geschichte zurückblicken und war stets eng mit ihr verzahnt, steht als Ruine gleichsam als Symbolbild der Stadtgeschichte an der belebten Durchfahrtsstraße gen Leipzig.